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RunSchnellweg – Dead Last Start wird zum Dead Last Finish

Am 13. November fand zum ersten Mal in Essen der Bunert Run-Schnellweg-Lauf statt. Über die Distanzen von 5, 10 oder 21km konnte ging es von Essen auf den Ruhr-Rad-Schnellweg in Richtung Mülheim. Da es sich um einen „Out & Back“ Lauf handelte, kam je nach der gewählten Distanz der Wendepunkt früher oder später, bevor es dann wieder auf der selben Strecke zurück nach Essen ging.

Da ich nach dem erfolgreichen Bunert RunWayRun auf dem Flughafen Mönchengladbach wieder Spaß an Nachtläufen hatte, gab es für die Anmeldung für den RunSchnellweg keine lange Überlegungszeit. Denn der Lauf sollte erst um 18 Uhr starten und im November ist es da schon stockfinster. Der Ruhr-Rad-Schnellweg ist nur spärlich beleuchtet, was eine Stirnlampenpflicht mit sich brachte. Dafür wurden aufwendige Lichtinstallationen an den Wendepunkte und der Strecke beworben.

Irgendwie war für mich auch direkt klar, dass ich die Halbmarathondistanz laufen wollte. Eine spezielle Vorbereitung gab es nicht. Die vielen (langen) langsamen Läufe würden schon reichen und überhaupt, es soll ja nur Spaß machen. Dieser zuversichtlich naive Gedanke verdüsterte sich in den Tagen vor dem Lauf dann immer mehr.

Die letzten Läufe waren kürzer als geplant und vor allem waren es weniger Läufer als angedacht. So machte sich die Idee in meinem Kopf breit, mal wieder einen Dead Last Start zu machen. Das ist einfach erklärt, man startet ganz am Ende des Teilnehmerfeldes und schaut, wen man alles so einsammeln kann. Eine Bestzeit ist zwar immer ein Ziel, aber für diesen Lauf war halt schon im Vorfeld klar, dass es nix wird. Also kann man auch ganz hinten starten 😉 Die Wochen vor dem Lauf waren alles andere als optimal, viel privater Stress der unangenehmen Sorte und zu allem Überfluss wurde auch noch ein Lehrgang um eine Woche, genau auf das Laufwochenende verschoben.

Normalerweise bin ich der Typ „Checkliste“, der sich vor einem Lauf eine Liste macht, alles in Ruhe zusammenpackt und abhackt. Das hat diesmal nicht geklappt und damit begann meine Misere.

Statt Freitag Abend alles in Ruhe zu packen, dachte ich mir, wenn ich Samstag eben alles nach Kurs schnappe, dann passt das schon. Es liegt ja eh alles an seinem Platz. Wie es immer so ist, liegt es dann natürlich nicht da. Als ich endlich alles zusammen gesucht und die Laufklamotten anhatte, fehlte noch ein Startnummernband. Mit Sicherheitsnadeln ausgestattet und dem Gedanken im Kopf, dass ein weiteres Startnummernband im Auto liegen könnte, ging es später als geplant los in Richtung Essen.

Das Öl war leer…

Samstag Nachmittag in Essen und der Weihnachtsmarkt soll auch schon eröffnet sein. Es war entsprechend viel Betrieb. Kurz nach dem ich von der Autobahn runter bin, geht auch noch die Öllampe am Auto an. Trotzdem komme ich rechtzeitig in einem Parkhaus an und mache mich auf den Weg zum Start. Vorm Parkhaus merke ich, dass meine Mütze fehlt. Ohne Mütze und mit Stirnlampe will ich nicht laufen. Also wieder rauf zum Auto und die Mütze nicht gefunden. Die finde ich nach etwas suchen ein paar Meter vor dem Auto wieder.

Nächster Versuch zum Start zu kommen. Platsch, die schönste und größte Pfütze gehört mir und mein linker Schuh ist schon vor dem Rennen nass! Es wird immer besser. Am Start kann ich noch eben ein Dixie besuchen, hole mir noch ein neues Halstuch ab und stelle mich ganz ans Ende des Teilnehmerfeldes an und mache das einzige Foto des Tages.

Das Rennen…

Dann geht es endlich los. Alle drei Distanzen werden zeitgleich gestartet.

Trotz all meiner Befürchtungen fühlen sich meine Beine gut an und es läuft sich recht gut. Die ersten Meter sind wie erwartet langsam, wenn sich eine Lücke ergibt, laufe ich durch. Ansonsten laufe ich in der Menge mit, zu sehen gibt es ja leider nicht wirklich viel. Irgendwann im zweiten Kilometer kommen uns schon die führenden Läufer des 5km Laufes entgegen. Keiner klatscht, ich versuche mit meiner Trinkflasche in der Hand mein Bestes und feuere die schnellen Jungs und Mädels, die uns entgegen kommen an.

Bei Kilometer 2.5 kommt der erste Wendepunkt, das Feld wird lichter. Der Wendepunkt selber ist hell, aber eine tolle Lichtinstallation kann ich nun nicht erkennen. Was solls, wir sind ja auch zum Laufen hier und nicht um irgendwelche Illuminationen zu bewundern. Mein Tempo steigt langsam und ich pendele mich so bei 6:20 bis 6:30 ein. Damit kann ich gut leben.

Wann genau die ersten Läufer des 10Km Laufs uns entgegen kamen, kann ich gar nicht genau sagen. Mit wildem Geklingel kommt dann das Führungsfahrrad für den ersten Läufer und wir haben wieder Gegenverkehr. Erkennen kann man niemanden. Die Stirnlampen verhindern das erfolgreich. Schaut man zum entgegenkommenden Läufer, wird man geblendet, erst ganz kurz bevor dieser an einem vorbei rauscht, kann man ihn erkennen.

Der Wendepunkt für den 10km Lauf ist in Sicht, kurz vorher eine Verpflegungsstelle und ich überlege, ob ich einfach mit umkehren soll. Verwerfe den Gedanken aber, weil ich keine Idee habe, ob ich dann nicht deren Zeitsystem durcheinander bringe. Halt so Sachen, die man dann denkt, wenn man keine Lust mehr hat. Um mich herum viele Gespräche, Läufer die locker laufen, denen das Tempo nix ausmacht.

Den Wendepunkt bei KM 5 erreiche nach 31:21 Minuten, dass ist bis dahin eine Pace von 6:21 Minuten. Würde ich das Tempo durchhalten, dann wäre ich nach 2:14 Stunden im Ziel. Gar keine so schlechten Aussichten. Viele Läufer wenden hier. Beinahe alleine laufe ich in den Tunnel hinter dem Wendepunkt und kann mir die Lasershow anschauen. Ab jetzt habe ich viel Platz. In der Ferne erkenne ich Rücklichter von Stirnlampen und ich habe ein Ziel, die irgendwann einzuholen. Die Gedanken an ein frühzeitiges wenden sind verschwunden, es läuft nun wieder. Ich schiebe mir zwei Cliff Bloks in den Mund und lutsche drauf rum.

Ungefähr bei KM 6 höre ich Schritte hinter mir. Jemand kommt sehr langsam an mich ran. Bloß nicht schneller werden, denke ich hier noch, lauf einfach Dein Tempo weiter.

Immer schneller…

Als die Läuferin endlich neben mir ist, kann ich mir mal an meinen Hintern greifen und die Hose richten. Ich merke schon, das schnelle Zusammensuchen der Laufsachen war ein Fehler. Ein wachsender Wolf ist nun mein ständiger Begleiter. Eigentlich hatte ich damit gerechnet, dass die Läuferin ihr Tempo weiterläuft und ich sie bald aus den Augen verlieren würde. Stattdessen passt sie ihr Tempo an und rennt mit mir. Nach ein paar Minuten sagt sie „Wo wir schon so einträchtig nebeneinander laufen, ich bin Mona!“ Ich stelle mich ebenfalls vor und schiebe ein „… lange kann ich das Tempo aber nicht mehr halten!“ direkt hinter her.

Wir werden immer schneller, haben zwischenzeitlich eine Pace von unter 6 Minuten. Was ich nicht merke, wir laufen die ganze Zeit leicht bergab! Eine Tatsache, die sich später noch rächen wird. Aber bis zum Wendepunkt läuft es super, wir kassieren einen Läufer nach dem anderen. Der Wolf ist noch auszuhalten und ich finde auch wieder Spaß am Laufen.

Der Absturz…

Bei KM 10.5 erreichen wir den Wendepunkt, hier lehne ich die gereichte Verpflegung ab, noch habe ich selber Wasser in meiner Trinkflasche und ich hab wohl das was man ein Runners High nennt. KM 11 passieren wir nach 1:09 Stunden, hochgerechnet wäre das eine Halbmarathonzeit von um die 2:12 Stunden. Aber nach einem High kommt bekanntlich der Absturz und was auf dem Hinweg noch eine angenehme seichte Bergab Passage war, entpuppt sich auf dem Rückweg als Mt. Everest. Naja, fast jedenfalls. Meine Pace sackt ein, ich werde immer langsamer und meine Beine werden immer schwerer.

Es kommt wie es kommen muss, ich muss leider abreißen lassen und Mona schließt sich einen anderen Gruppen-Läufer an, die lange Zeit dicht hinter uns war und nun munter quatschend an mir vorbei und weiter zieht.

Die Kilometer werden zäh und lang. Jetzt schon nervt alles, jeder Schritt, jede Unebenheit, die neuen Schuhe, einfach alles. Damit hatte ich erst ab KM 18 gerechnet. Bei KM 12 war ich da noch nicht drauf eingestellt. Und als wenn das alles nicht genug wäre, merke ich zwei Druckstellen in den Schuhen, an denen es nun reibt und ich mir einbilde, dass da Blasen entstehen könnten. Bis KM 16 schleppe ich mich noch laufender Weise voran, werde von immer mehr Läufern überholt. Danach mache ich Gehpausen. Frustriert über meine eigenen Blödheit wandere ich nun durch den einsetzenden Nieselregen in Richtung Essen. Jede Läuferin, jeder Läufer der mich überholt ist ein kleiner Stich ins Herz. Immer wieder versuche ich anzulaufen, um ein paar Meter später wieder zu gehen. Verzockt! Die Luft ist raus…

Das Ziel…

Irgendwann komme ich dann auch wieder in Essen an. Um wenigstens ein bisschen Ehre zu retten, laufe ich die letzten Meter bis ins Ziel und überquere nach 2:29 Stunden die Ziellinie und erhalte meine Medaille. Zwei alkoholfreie Biere und ein Wasser später sinniere ich mit mir selber auf einer Bank im Zielbereich über meinen Lauf und über die, die jetzt noch ins Ziel kommen und sich freuen.

Wieso kann ich das nicht? Mich freuen? Immerhin laufe ich, bewege mich und nehme Herausforderungen an. Es war ein gebrauchter Tag, der Wille sich zu Quälen wurde heute erfolgreich vom inneren Schweinehund besiegt. Die Vorbereitung war alles andere als optimal. Es kann also nur besser werden.

Für dieses Jahr war es das für mich auf diesem Blog. Es sind keine Rennen mehr für dieses Jahr geplant und was nächstes Jahr kommt, steht noch in den Sternen.

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